Steinmühlental
Im Steinmühlental, zwischen Rothesütte und Appenrode im Südharz gelegen, finden sich etwa zwei Kilometer südlich der Straße Rothesütte – Netzkater mehrere eindrucksvolle Felsen, denen eine Vergangenheit als Kultstätte nachgesagt wird.
Friedrich Gottschalck erwähnt 1817 in seinem „Taschenbuch für Reisende in den Harz“ das Steinmühlental mit der dort gelegenen Stein- oder Fuhrbachsmühle: „Der Weg von Rothesuette nach Nordhausen laeuft vorbei, und fuehrt, gleich ueber der Muehle, zwischen hohen Felsen hin, die stets den Einsturz zu drohen scheinen.“ Noch heute finden sich im Bett des Fuhrbaches Spurrillen, die die einstige Bedeutung des Tales als Verkehrsverbindung belegen. Im Beitrag „Ein wenig bekanntes Stück des Harzes“ in „Der Harz“ (1904) wird das Steinmühlental als eines der schönsten Täler des Harzes bezeichnet, in dem „die Stille der tiefsten Einsamkeit“ herrschte. „Schroffe Felsenstücke stehen wie trotzige Wächter auf den Hängen zur Seite des Weges und geben dem Tal einen romantischen Anstrich“, heißt es hier.
Dieser Steindruck von 1828, entstanden nach einer 1826 entstandenen Zeichnung von Johann Friedrich Fritz, zeigt einen Teil der nördlich der ehemaligen Steinmühle gelegenen Felsen.
Um 1900 entstandenes Foto mit zur Mühle gehörenden Gebäuden und einigen der Felsen im Hintergrund.
Die örtliche Bevölkerung wurde teilweise schon vor Jahrzehnten auf die Felsen aufmerksam und hat mehreren von ihnen eigene Namen gegeben („Eulenkopf“ oder „Eule“, „Pferd“, „Herkules“). Das Steinmühlental gehörte wegen seiner Lage im Grenzgebiet zur Sperrzone, zu der nur wenige Personen Zutritt hatten. Erst seit 1995 wurde das Tal durch mehrere Vorträge und Führungen von Siegfried Hermerding (1923-2004) überregional bekannt. Hermerding hat seine Sicht der Bedeutung der Felsen des Tales in den Schriften „Kultstätte Rothesütte Steinmühlental“ und „Kultstätte der Vollendung des menschlichen Entwicklungsweges auf der Erde“ (beide von 1994) dargelegt. Demnach finden sich hier aus atlantischer Zeit in Stein gearbeitet diverse Symbole, Tiere, Menschen und Göttergestalten; unter anderem der „Kosmische Christ“, den Hermerding auch von anderen Orten des Harzes beschrieben hat, und ein Felsen mit der „Großskulptur der Ostara“. Mit seinen Deutungen stieß Hermerding im Harzraum sowohl auf Zustimmung („Skulpturen, die nicht allein die Natur geformt hat“, so ein Harzsagen-Buch von 1997) als auch auf spaßig-ironische Reaktionen („Am ‚Wahrheitstag’ Ergebnisse eines ‚weiteren Forscherteams’. Hyperboreer, Megalithen und Atlantis im Dreiecksverhältnis“, Leserbrief in der Volksstimme Wernigerode, 20.5.1998) und handfeste Kritik (z.B. Leserbrief in der Mitteldeutschen Zeitung, 19.1.1995).
„Felsen der Roten Sonne“: „Die Felsskulptur trägt das Antlitz der Roten Sonne mit einem geöffneten und einem geschlossenen Auge. Das geöffnete Auge ist dieser äusseren Erdenwelt zugewandt. Das geschlossene Auge bedeutet Innenschau; gemeint ist die Wahrnehmung der Lichtwelt.“
„Kosmischer Christ“ bzw. „Atlantischer Christ“ („Arahari“) gegenüber dem Goldborn, ein Gesicht mit Kreuz, unter dessen Querbalken nach Hermerding die nach rechts gerichteten Augen des Christ zu erkennen sind. „Diese Art der Kreuzdarstellung entspricht der Lichtkreuz-Erklärung in den Apokryphen Hennecke-Schneemelcher ‚Apokryphen Band II – Johannes-Akten’. Das Lichtkreuz ist als kosmische Erscheinung zu bewerten und verweist somit auf einen kosmischen Christ-Glauben der Atlanter.“
Nach links schauendes Großgesicht der Ostara, „deren Name ‚Auge der Sonnen’ bedeutet (OS e ARA)“, mit dreieckigem Augenlid. Unter Bezug auf den Wiligut-Schüler Emil Rüdiger schreibt Hermerding über die rote, die weiße und die schwarze Sonne. „Die Ostara ist somit keine der erdachten Götter bzw. Göttinnen, die mit ihren Anbetern untergehen (verdämmern), sondern eine kosmische Erscheinung mit irdischer Wirksamkeit, die den beiden Sonnen, nämlich der Roten Sonne und der Weissen Sonne, angehört.“
Diese Ansichtskarte zeigt den „Felsen der Ostara“. Das Großgesicht selbst ist hier durch Bewuchs verdeckt.
"Noch findet man die Zuleitungsgräben, Fundamente, Steine und Lager, in denen sich das Mühlrad drehte. Aber bald wird der lebendige Wald die Zeugen der Vergangenheit verwachsen haben", heißt es 1938 von der 1756 erbauten Steinmühle. Von den Mühlenanlagen, die um die vorletzte Jahrhundertwende abgerissen wurden, gibt es heute nur noch wenige Spuren im Gelände. Der heute als "Goldborn" bezeichnete Brunnen war ursprünglich der Mühlenbrunnen der Stein- bzw. Fuhrbachsmühle. Ein „Grundriss des Hohnsteinischen Forstes“ von 1738/1745 zeigt den eigentlichen Goldborn, dessen Name vielleicht auf den Waschgoldgehalt des Fuhrbaches zurückzuführen ist, etwa 1500 Meter nordöstlich der Steinmühle eingezeichnet.
Um die Felsen uneingeschränkt auf sich wirken zu lassen, empfiehlt sich ein Besuch des Tales im Frühjahr oder Herbst, wenn kein Laub die Sicht behindert.
Weitere Fotos vom Steinmühlental finden sich in der Bildergalerie.
harzsammler Mai 2006
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